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Gescheiterte Auswanderer?

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B“H
Jemand googelte zum Thema „Gescheiterte Auswanderer“ und stiess somit auf diesen Blog. Ein paar Mal schon habe ich etwas zum Thema verfasst:
Deutsche Auswanderer und ihre Auswanderungsprobleme
Leserfrage: Hartz IV nach gescheiterter Auswanderung
Irgendwie weigere ich mich immer, von einer „gescheiterten Auswanderung“ zu reden. Was genau bedeutet denn „gescheitert“ und wer urteilt hier eigentlich? Und nach welchen Faktoren wird jemand als „gescheitert“ betrachtet?
Bevor ich aber zum eigentlichen Thema komme, möchte ich aus meiner Sicht das „Auswandern“ definieren. Wer genau ist denn nun „Auswanderer“? Für mich ist das jemand, der in ein anderes Land zieht, dessen Staatsbürgerschaft annimmt, die Landessprache lernt, arbeitet, Steuern zahlt und und und.
Jemand, der als Tourist in ein anderes Land zieht oder innerhalb der EU umzieht ohne eine neue Staatsbürgerschaft anzunehmen, ist meines Erachtens nach kein Auswanderer. Wer, zum Beispiel, auf Touristenbasis in Israel wohnt, ist nicht nach Israel eingewandert. Ohne israelische Staatsbürgerschaft ist man demnach kein Auswanderer, sondern lediglich Tourist.
Von Touristen, Thailand – oder Mallorca – Rentnern sowie EU – Umgezogenen rede ich hier einmal nicht, sondern vielmehr von denjenigen Auswanderern, die nach Südamerika, Asien, in die USA, nach Australien oder sonstwohin ausgewandert sind. Die ehemaligen Deutschen, die einen neuen Paß annahmen und sich offiziell als Brasilianer, Australier, Amerikaner, Kanadier, Israeli oder als Bürger Paraguays sehen. Mit allen Dokumenten, Rechten und Pflichten. 
Und was genau bedeutet jetzt das „Scheitern“? Dass man ohne Geld nach Deutschland zurückkehrt und womöglich dem Sozialsystem auf der Tasche liegt? Dass man im Ausland ernsthaft krank geworden ist und deswegen lieber in Deutschland auf gute medizinische Behandlung hofft?
Bedeutet „Scheitern“, dass man in der neuen Heimat keinen Job fand oder sich mit Gelegenheitsjobs gerade so über Wasser hielt? Ist demzufolge eine „erfolgreiche“ Auswanderung mit Geld, Karriere und tollem Haus gleichzusetzen?
Bevor jemand richtet, sollte er sich eines klarmachen: Wer von Deutschland aus richtet und dabei sein deutsches Mentalitätsdenken anwendet, der hat schon verloren. Vielleicht nicht direkt aus seiner Sicht, aber aus der Sicht des Auswanderers garantiert.
Jeder kann daheim im Wohnzimmer auf der Couch hocken und sich eins lachen, wenn andere auswandern und die Auswanderung nicht immer vielversprechend verläuft. Wenn jemand in einem anderen Land nicht mehr den tollen Beruf ausüben kann, sondern eine neue Sprache erlernt und sich erst einmal einleben muss. Oder wenn der Auswanderer nicht soviel Geld zur Verfügung hat und gerade so über die Runden kommt. Wer aber sagt mir denn, dass genau dieser Auswanderer nicht glücklich und zufrieden ist mit seinem Leben.
Im Ausland bedeutet genügend Geld um alle Rechnungen zu begleichen eine Menge. Wer das erreicht, der hat es geschafft und kann stolz auf sich sein. Ob er da nun eine tolle Karriere hinlegt oder nicht. Hauptsache es lohnt sich, in ein anderes Land umgezogen zu sein und sich diesem verbunden zu fühlen. Wenn derjenige neue Freunde findet, sich langsam etwas aufbaut und einen Job hat, der ihn ernährt. Nie würde ich jemanden als gescheitert betrachten, nur weil er in einer kleinen Mietwohnung lebt und mehr oder weniger über die Runden kommt. Nicht jeder wandert aus, um eine Hollywood – Karriere hinzulegen.
Im Ausland, und so auch in Israel, wird jeder Mensch akzeptiert, der hart arbeitet. Egal, ob jemand putzt, die Straße kehrt, im Büro hockt oder an der Supermarktkasse sitzt. In Deutschland schaut jeder auf der Straße alle anderen abwertend an und es wird nach den Klamotten gerichtet. In Israel habe ich das noch nicht erlebt.
Ich denke, dass jemand, der den Schritt der Auswanderung geht und bereit ist, hart zu arbeiten, ganz und gar nicht gescheitert ist. Mag sein, dass in Deutschland alles einfacher ist und das Sozialsystem fängt die Menschen eher auf. Es gibt eine gewisse Art von Sicherheit, aber die Frage ist, ob sich all das lohnt, wenn die Leute ihre Mitmenschen sofort in „gescheitert und erfolgreich Schubladen“ schieben.
Im Land der kalten Herzen